Instruktion für den Nachtwächter der Kommune Bodelschwingh (7)

Mitgeteilt von Rektor Fr. Schopohl, Bodelschwingh, in:

Heimatblätter für Castrop und Umgegend, Nr. 2, Februar 1924

Einleitung

Friedrich Schopohl gibt für die Veröffentlichung der „Instruktion für den Nachtwächter“ als Datum den 3. Dezember 1815 an. Zu diesem Zeitpunkt war der Wiener Kongress beendet und das ehemalige Großherzogtum Berg von Napoleons Gnaden Preussisches Staatsgebiet. In der Wortwahl der Instruktion spiegelt sich noch die „Franzosenzeit“ wieder.

1. Die Nachtwache dauert vom 1. November bis 1. Mai, also sechs Monate.

2. Der Nachtwächter erhält das Bauernhorn, er verfügt sich damit abends Glocke Zehn aus dem Hause, patrolliert alle Stunden bis 4 Uhr morgens das ganze Dorf ab und kontrolliert sich selbst dadurch, daß er an dem ihm vom Vorsteher bestimmten Ort ein Signal durch Blasen und zwar um 10 Uhr einmal, um 11 Uhr zweimal, um 12. Uhr dreimal, um 1 Uhr einmal, um 2 Uhr zweimal, um 3 Uhr dreimal, um 4 Uhr viermal einen Ton durchs Horn gibt.

3. Sobald der Nachtwächter Feuersgefahr im Dorfe oder in der Nähe erblickt, bläst er Feueralarm und zwar dadurch, daß er anhaltend in langen Tönen bläst. Er weckt zugleich die Bewohner und benachrichtigt sie, wo das Feuer brennt.

4. Alle Menschen, welche dem Nachtwächter auf der Patrouille begegnen, oder die er außer den Häusern gewahr wird, hat derselbe anzuhalten und selbige über ihre Geschäfte in der ungewohnten Stunde zu befragen. Sind es Unbekannte und scheinen sie verdächtig, so bringt er sie vorläufig zur Untersuchung an den Vorsteher. Widersetzt sich solcher der Arrestation, dann ist gleich Lärm an den Häusern zu machen, damit die Einwohner zu Hülfe eilen, um dergleichen womöglich habhaft zu werden.

5. Findet der Nachtwächter an irgend einem Hause die Türen oder Fenster offen, so wird der Bewohner geweckt, welcher die Ursache anzugeben oder im verdächtigen Falle gleich Untersuchung anzustellen hat, ob ein Diebstahl verübt ist. Ist ein solcher wirklich verübt, dann sind die Nachbaren zu wecken, damit dem Diebe nachgesetzt werden kann. Entdeckt der Nachtwächter selbst Diebe, die einen Diebstahl ausüben wollen, so hat er durch geräuschloses Zuziehen von Eingesessenen sich möglichst der Diebe zu bemächtigen, auf jeden Fall die Ausführung des Diebstahls zu verhüten.

6. Für jede Stunde, welche der Nachtwächter erweislich in der Patrouille versäumt, wird derselbe mit 2 Silbergroschen, für die Versäumnis einer ganzen Nacht mit 10 Silbergroschen bestraft und dieser Betrag ihm vom Gehalte abgezogen. Beim geringsten Vergehen gegen die Redlichkeit wird derselbe entlassen und dem Gericht übergeben.

Mengede, den 3. Dezember 1815.

Der Bürgermeister von Castrop:

Biggeleben

Diese Instruktion wurde jedenfalls einem Nachtwächter Dingemann übergeben, und der letzte Nachtwächter war auch ein Dingemann.

Interessante Randnotiz (um das Jahr 1950)

Wie ein Echo aus längst vergangener Zeit mutet uns eine Zeitungsnotiz an, die uns von unserem Heimatfreund Horst Pöpping gegeben wurde. Sein Vater Franz hatte um 1950 herum den Nachtwächterdienst auf Schloß Bodelschwingh aufgenommen, um seine karge Rente als Berg-Früh-Invalide aufzubessern. Der Text ist an den Schluss dieses Beitrags gestellt. Die Zeitung und der Verfasser ist unbekannt.

Zeitungsausschnitt unbekannter Herkunft