Die Bede (Pacht) und deren Ablösung (5)

von Friedrich Schopohl

Einleitung von Otto Schmidt

Um das Jahr 1850 wurde in Bodelschwingh das alte Feudalsystem mit der Bauernbefreiung in Preußen aufgelöst. Bis dahin konnte ein Dorfbewohner kein Eigentum an Grund und Boden erwerben, der gehörte dem Grundherren. Er hatte nur die Möglichkeit, das Land, auf dem das Hofgebäude aufstand und den Acker, auf dem er die Frucht anbaute, zu pachten. Die Pacht (Bede) war jährlich und direkt an den Grundbesitzer zu zahlen. Der Pachtvertrag  war nicht vererb- oder übertragbar. Sollte nach dem Tod eines Pächters die Hofstelle von einem Sohn der Familie weiter bewirtschaftet werden, musste das Pachtrecht mit der Zahlung eines Gewinns neu erworben werden.

Mit dem Inkrafttreten des Grundentlastungsgesetzes im Königreich Preußen bestand jetzt die Möglichkeit für den Hof-Aufsitzer (Bauer), den bisher gepachteten Grund und Boden mit einer Ablösung zu erwerben.

Otto Schmidt

Dazu wurde der Wert, Geld- und Sachwert (das Gefälle) der bisherigen Jahrespacht nach einem einheitlichen Verfahren berechnet. Diese Summe wurde mit 20 (Jahren, der Laufzeit des Vertrages) multipliziert und das war dann der Wert der Pacht, die zur Ablösung anstand.

Die Ablösung war ein Rechtsgeschäft zwischen dem Grundherren, dem Hof-Aufsitzer und dem Staat, die Vertragsform der Ablösebrief. Die Finanzierung dieser zahlreichen Verträge war wegen des großen Geldbedarfs nur mit Hilfe des Staates (Rentenbanken) möglich; öffentliche Geldinstitute gab es (noch) nicht zu dieser Zeit.

Der Hof-Aufsitzer, der Bauer odeer Kötter, hatte an den Staat Preußen vier Prozent Zinsen je Jahr aus dem Ablösungskapital seiner Verpflichtung gegenüber dem Grundherrn zu bezahlen. Das Ablösungskapital wurde mit dem 18-fachen einer Jahresverpflichtung angenommen. Ein Beispiel soll das erläutern:

Eine Jahresverpflichtung von 100 Gulden sollte vom Ablöser so an den Staat entrichtet werden: Das Ablösungskapital betrug 18 × 100 Gulden, also 1800 Gulden, die jährliche Abgabe an den Staat betrug vier Prozent, hieraus also 72 Gulden. Der Ablöser hatte also in 20 Jahren 1440 Gulden zu zahlen.

Der Grundherr erhielt vom Staat für die entgangenen Verpflichtungen vier Prozent aus dem 20- fachen eines Jahresbezugs (2000 Gulden), also 80 Gulden. Die Differenz von acht Gulden trug der Staat. Sein Guthaben aus der Ablösung betrug also nach 20 Jahren 1600 Gulden. Der Grundherr musste auf 20 Gulden je Jahr verzichten. Der Wert der Pacht war also nach 20 Jahren um 400 Gulden gemindert.

Friedrich Schopohl schreibt an anderer Stelle über die Ablösungen der Beden (Pachten) in Bodelschwingh:

Ablösung um 1850: G. Wilh. Hohe in Bodelschwingh wegen Hohen Colonie daselbst. Datum der Ablösung: 7. 3. 1840. Ablösungskapital: 1185 Reichstaler in bar. Abgelöst wurden versch. Pächter (Pachten). Der Naturalzehnte wurde am 26. 1. 1852 mit 508 Reichstaler und 5 Silbergroschen in bar abgelöst. (Hohe wird bei Fr. Schopohl als zweitgrößter Hof direkt nach Völkmann genannt.)

Ablösung um 1850: Kötter Friedr. Wilh. Lehmkühler wegen Gersters Kotten. Betrag: 293 Reichstaler, 27 Silbergroschen. Gefälle: 4 Scheffel Gerste, 4 Scheffel Hafer, 4 Hühner, 3 Groschen und 6 Pfg. Hofgeld, 52 Handdienste und ein Lebensgewinn von 14 Talern

Für die Berechnung der Ablösung (s. o.) sind diese zwei Beispiele nicht geeignet, da sie den Geldwert der Pachten als Summe angeben, der Wert der Naturalabgaben nicht als Geldwert angegeben und auch unklar ist, ob die Hilfe des Staates in Anspruch genommen worden ist. Die Einbeziehung der Hand- und Spanndienste und des Lebensgewinns im Zusammenhang mit der Ablösung ist zumindest fraglich.

Der Wert des nachfolgenden Beitrages:

Bede Schatz, Steuer von Friedrich Schopohl besteht auch und besonderes in der Nennung von Bede-Zahlern in den Dörfern und Gemeinden des Amtes Castrop. Einige dieser Namen sind auch heute noch im Stadtbezirk Mengede und der Umgebung bekannt. Warum sind es nur so wenige? Hier sind nur die Pächter der Grundherrschaft genannt. Einlieger, Tagelöhner und Handwerker waren keine Pächter. Sie hatten, genauso wie die Hofaufsitzer, andere Geldsteuern und Naturalabgaben zu leisten.

Bede, Schatz, Steuer, mit besonderer Berücksichtigung des Gerichtsbezirkes Bodelschwingh.

Von Rektor F. Schopohl-Bodelschwingh

[Heimatblätter für Castrop und Umgegend, Monatszeitschrift des Vereins Heimatpflege, 3. Jahrgang, Nr. 8, August 1924]

Unsere Vorfahren, die alten Sachsen, waren freie Leute. Niemanden waren sie zins- oder zehntpflichtig. Ausgaben als Volk hatten sie nicht; denn Wegebau, Besserung der Flußläufe u. a. kannten sie nicht. Gab es Krieg, so wurde der Heerbann der Freien aufgeboten, und unter ihrem gewählten Führer zogen sie , jeder auf eigene Kosten, ins Feld.

Allerdings brachten sie ihren Herzögen Geschenke, und zwar zweimal im Jahre, im Mai und im Herbst. Das war die Bede [Bitte].

Friedrich Schopohl

Als die Römer die Germanen unterjochten, da wurde das anders. Diese bauten Straßen [z. B. die Lippe entlang und den Hellweg als Heerstraße], sie arbeiteten an Flußläufen; sie hatten ein Heer, das besoldet werden mußte. Da mußte auch der Sachse zahlen!

Es gelang ihnen aber, das Joch der Fremden abzuschütteln; und frei waren sie wieder, bis Karl der Große sie in dreißigjährigem Ringen niederzwang. Da hieß es für die Unterjochten wieder: Zahlen. Alle sangen: „Buß und Brüchte, daß der Schatz des Königs wachse, immer den Zehnten, neue Zehnten, immer zahlen muß der Sachse.“ [Friedrich Wilhelm Weber, Roman: Vierzehn Linden]. Dabei ist es geblieben; und ebenso ungern zahlen ihre Nachkommen. Im 12. Jahrhundert wurde die Bede zur Pflichtabgabe, und die mußte in Gold [Gulden] bezahlt werden. Die Untertanen hatten ihren Fürsten auch wohl bei freudigen Familienereignissen ein Geschenk gegeben [z. B. bei der Verheiratung einer Prinzessin], und auch das verstanden die Fürsten zur Pflichtabgabe zu machen, die sich in einzelnen Kleinstaaten Deutschlands bis ins vorige Jahrhundert erhielt.

Die Bede wurde in der Mark „Schatz“ genannt und zweimal als Maibede und Herbstbede erhoben. In einem Schatzbuch des Gerichtes Bodelschwingh aus dem 18. Jahrhundert wird von 4 [mal] Schatz geschrieben, also scheint in jener Zeit Zahlung an vier Tagen möglich oder erlaubt gewesen zu sein. Es sind aber immer 2 Schatz gezahlt [worden]. Geistlichkeit, Ritter, Lehngüter und Freigüter brauchten keinen Schatz zu zahlen. Kam der Fürst in Geldnot, forderte er neue oder größere Abgaben, so wehrte sich alles mit Händen und Beinen. Städte, Adel, Geistlichkeit hatten dabei oft Erfolg, wenigstens ließen sie sich zuvor einzelne Vorrechte einräumen. Der Leidtragende war meistens der Bauer. Die Grafen von der Mark sind öfter so in Geldnot geraten, daß sie sich nur durch Verpfändung einzelner Landesteile helfen konnten. Der Große Kurfürst führte das stehende Heer an. Das erforderte beständige Ausgaben, daher auch die gleichmäßigen Einnahmen, und diese wurden durch die sog. Kontribution [Zwangserhebung von Geldbeträgen im feindlichen Gebiet] aufgebracht. Sie erhielt sich bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts. Außerdem gab es neben Schatz und Kontribution noch allerlei indirekte Steuern auf Kaffee, Salz, Tabak u. a. m. Weil diese Friedrich II. nicht genug einbrachten, stellte er besondere Steuerbeamte an. „Kaffeeriecher“ wurden sie vom Volk genannt, und sie waren – zumal sie auch meist Ausländer waren – die bestgehaßten Menschen. Nach einem mir vorliegenden Steuerbuch quittiert der Richter Then Berg zu Bodelschwingh [der Richter des ehemaligen berühmten Freistuhles war auch Steuereinnehmer] dem Bermesdiek in Bodelschwingh über 13 Stüber 6 Dt. Kontribution, 48 Stüber Tabaksgeld, 38 Stüber Haussteuer und 1809 auch über 1 Thaler 20 Stüber Mobilar- und Personalsteuer.

Nach den Hebetagen war in Richters Hause viel Geld; denn der ganze Gerichtsbezirk Bodelschwingh mußte auch hier zahlen. Da der feuerfeste und diebessichere Geldschrank fehlte, mußte von den Dorfleuten eine Wache gestellt werden. Die saß in Richters Küche um das Herdfeuer. Die älteren Leute überließen diese lästige Sache gern der Jugend, und die war nicht so zahlreich, so daß die jungen Männer viel an Schlaf eingebüßt hätten, wenn nicht auch die junge rüstige Weiblichkeit herangezogen worden wäre. „So kam es“, erzählte mir ein älterer Herr, „daß der Großvater die Großmutter nahm, die er bei Richters auf Wache kennen lernte“. – Das von der Königlich Preuß. Märk. Kriegs- und Domänenkammer in Hamm ausgegebene Quittungsbuch enthält ein langes Vorwort an Landräte, Rezeptoren [Einnehmer], Kreisschreiber und Kontribuenten [Steuerzahler] z. B.: „Der Rezeptor muß durch eine unzeitige Nachsicht die Kontribuenten nicht verwöhnen, sondern mit Ernst darauf halten, daß ein jeder in denen im Steuerreglement des 1764 festgesetzten Termins die Abgaben entrichte und keine Reste aufschwellen.“

„Hierdurch wird wiederholentlich festgesetzt, daß der Rezeptor sich alles eigennützigen Verkehrs mit den Kontribuenten umso mehr enthalten solle, da er Gelegenheit hat, seine Bedürfnisse von solchen Leuten zu nehmen, mit welchen er in keiner Weise in Verbindung steht. Sollte sich indessen ergeben, daß ein Rezeptor von kontribualen Eingesessenen seines Distriktes sich Sachen ohne Bezahlung oder auf Rechnung geben ließe, oder auch die Kontribuenten im Preise der von ihnen gekauften Sachen lädiret, so soll derselbe ohne Nachsicht zur Cassation angezeigt, und wegen solcher Plackerei nach Vorschrift des Steuer-Reglements verfahren werden.“

Nehmen wir einmal an, der Bodelschwingher Richter habe die Eingesessenen nie lädieret. In einem ist aber der letzte Richter [im Gerichtsbezirk Bodelschwingh und Mengede] unerbittlich gewesen. Während seines Mittagschläfchens durften die Bewohner der Richterstraße nicht dreschen, kein Holz hauen und kein Flachs brechen.

Nach den Befreiungskriegen gab es eine Menge sog. Steuerreformen. Die bedeutendste kam 1895 unter dem Finanzminister Miquel als Einkommensteuer. Dazu gab es im Laufe der Zeit immer neue indirekte Steuern, und nach dem Weltkriege dürfen wir sicher mit allem Recht singen: „Immer Zehnten, neue Zehnten, immer zahlen muß der Sachse!“

Anschließend folgt das Schatz- [Pacht je Jahr] Register des Gerichtes Bodelschwingh für 1761 und 1762.

Bodelschwingh:

Nr.NameThalerStüber
1Völkmann16 
2Möllmann10 
3Graßmann8 
4Hohe5 
5Alef5 
6Quakmann4 
7Tösmann3 
8Wattensche(id)2 
9Rolef2 
10Paeler130
11Wiehoff 30
12Gesser130
13Rodehaus1 
14Jasper 30
15Schlüter 30
16Bermesdyk 6

Brün[n]inghausen:

Nr.NameThalerStüber
1Ißbrock10 
2Rittershofe9 
3Amb: Giese9 
4Wulfhöfener4 
5Brünninghaus920
6Heimann330
7Brockmann330
8Nieter120
9Rensmann1 
10Dingmann 30
11Nierhaus330
12Biefhaus 30
13Baumeister130
14Ev. Dirk 30
15Beelen 30
16Ortmann 30

 Deininghausen:

Nr.NameThalerStüber
1Stamm9 
2Schürenbrand630
3Gralmann4 
4Flör4 
5Tabe430
6Surik240
7Pexdeheerde130
8Loeg240
9Köster 30
10Möller 40
11Jasper 30
12Schneider 30
13Küper 30

Dingen:

Nr.NameThalerStüber
1Joh. Zu Dingen14 
2Schulte-Lebbing12 
3Vogel1030
4Leßmöllmann530
5Knuef430
6Lemhaus2 
7Kremer 40
8Heidmann5 
9Schroer1 
10Wewer 30

 Ickern:

Nr.NameThalerStüber
1Schween1740
2Schween in der Wanne640
3Scheper3 
4Wedepöter 40
5Schimmel1 
6Neveling1 
7Pöpping342
8Jost Brügmann 30
9Vogt2 
10Herm. Dick 30
11Peter5 
12Eilert220
13Ehethum 30
14Schmidt 30
15Sassenhoff5 
16Küchenherm 30
17Brügmann 3
18An der Heyde 4
19Koch240
20Steinhaus520
21Holthoff9 
22Wörteler 20
23Erdelen 30

Mengede:

Nr.NameThalerStüber
1Schulte-Mehring1240
2Kemna10 
3Poepping
4Althoff 40
5Tappendyk 40
6Sasse 40
7Bauer 40
8W. Brinkmann120
9Lewe 40
10Ev. Krampe120
11Herm. Bohe 40
12Rosenboom 40
13Brinkmann120
14Buel1 
15Gahlen 40
16Vedder 40
17Ev. Hagemann 40
18Brockmann, alias Kremer 40
19Beysey 40
20Betmus Hovemann 40
21Erdelhoff 20
22Küper 40
23Renkhoff 40
24Coord Lindemann 40
25Hagemann 40
26Witwe Krampe2 
27Schemann120
28Bonekoch 30
29Keyser modo Keßler 30
30Thomas 40
31Peik et Witt. Tappe140
32Plattfuß 30
33Died. Brokmann 40

Sparr*-Mengede:

Nr.NameThalerStüber
1Westerholt230
2Schulte120
3Hillebrand120
4Melch 30
5Arnd Tappe2 
6Köster Dirk 24
7Ev. Vogt 40
8Gisb. Krampe2 
9Nöthe 12
10Clem. Busch 30
11Henr. Schmidt 40
12Johann Krampe2 
13Brahms 16
14Meermann 30
15Abt 40
16Düsterloh 16
17Peter1 
18Zach. Vogt330
19Tappe alias Brinkmann 40
20Neveling modo Platenius 30
21Cremer230
22Maerten1 
23Kolkmann 40
24Sander 30
25Breddemann 30
26Hüppe Knepper 44
27Eckey 20

Oestrich:

Nr.NameThalerStüber
1Diekhoff13 
2Treckmann930
3Emsinghoff12 
4Ostendorp930
5Stopendahl6 
6Loord2 
7Märten5 
8Hovemann11 
9Wenneman2 
10Leckeband120
11   
12Köster 30
13Rose1 
14Gerling 30
15Abbenhard 30

Nette:

Nr.NameThalerStüber
1Wulff10 
2Wiemann5 
3Schumacher3 
4Heimann8 
5Steinhoff6 
6Hördemann840
7Koene 30
8Schmalkotte640
9Buse 30
10Zur Neden8 
11Kappe 30
12Vogelsang2 
13Kaffsack 40
14Vedder 30
15Bleckmann 10
16Herper10 
17Erfmann10 
18Kattenstert7 
19Grasmann10 
20Plas16 

Westerfilde:

Nr.NameThalerStüber
1Jöhe1640
2Alef952
3Gröpper816
4Rutmann4 
5Haarmann8 
6Edelhoff824
7Heinrich948
8Budde530
9Tymann 30
10Kipe1

Viele der angeführten Familien sind noch in den Orten ansässig, manchmal ist wenigstens noch der Hof-Name vorhanden. Heute lässt sich auch mancher verschwundene Name noch bei alten Leuten erfragen.

* In einem wenige Jahre älteren Schatzregister steht statt „Sparr-Mengede „Droste-Vischering“-Mengede:

1753: Frau von Sparr auf Haus Mengede stirbt kinderlos. Haus Mengede geht an ihre Nichte Maria Antoinette von Droste zu Vischering. Nach Willi Burg, 24.02.2011: www.dortmund.de/media/downloads/pdf/sonstiges/Zeittafel_Mengede.pdf

Der Name von Sparr wird auch im Zusammenhang einer Erb­aus­einander­setzung um Besitztum in Mengede genannt.