Das Billardhaus von Schloß Bodelschwingh

Ein Bericht von Otto Schmidt

Das Billard- oder Teehaus im Park von Schloß Bodelschwingh.

In der Woche nach Ostern 2020, in der Zeit der Corona-Pandemie, fragte mich mein Enkel Björn, ob ich nicht ein Bild von dem Teehaus habe, etwas über seine Geschichte wüsste. Er hatte meinen Beitrag „Rund um Schloss Bodelschwingh“ gelesen und war an dem nicht mehr vorhandenen Teehaus „hängen geblieben“.

Seiner Bitte entsprach ich gern. Das Bildmaterial vom Haus wurde in vergangenen Bilderausstellungen zur Bodelschwingher Kirmes zwar vorgestellt, ist aber auch in unseren Ortsteilen und selbst im Verein nur zum Teil bekannt.

Schloß Bodelschwingh mit Vogtsturm, Aquarell von Riefenstahl veröffentlicht im Verlag Alexander Dunker.

Für die folgenden Erklärungsversuche und Kommentierungen bitte ich im Vorhinein um Nachsicht: Sie streifen die Geschichte des Gartenbaus, der Sozial-, Bau- und Kulturgeschichte und überfordern leicht die Sachkunde eines Heimatforschers. Für Hinweise,  Anregungen und Änderungen  bin ich offen und dankbar.

Für das Teehaus sind zwei Quellen von Bedeutung:

  1. Das Buch Bodelschwingh, Haus – Dorf – Herrschaft, Druck und Verlag Geschwister Schmitz, Castrop-Rauxel, 1964. Darin die Kapitel:

Udo von Alvensleben: Die Herren von Bodelschwingh im 19. und 20. Jahrhundert, die Seiten 54 bis 66.

  1. Michael Rohde: Von Muskau bis Konstantinopel. Eduard Petzold – ein europäischer Gartenkünstler 1815-1891. Dresden 1998, Seite 55

Der Name Billardhäuschen wird von Udo von Alvensleben (1) in dem o. a. Buch auf der Seite 55 in Verbindung mit der Bautätigkeit des Carl Freiherr von Bodelschwingh-Plettenberg (*1765, +1850) genannt. Dieser Freiherr war eine der herausragenden Persönlichkeiten des Hauses Bodelschwingh. Er bekleidete das Amt eines preußischen Kammerherrn, war Großkomtur (Ballei Utrecht) des Deutschen Ordens, Provinzial-Großmeister des Freimaurer-Ordens und Gerichtsherr zu Bodelschwingh und Mengede. Ihm wird neben der Errichtung des Billardhäuschens, die Errichtung der Orangerie im Schloßpark und des Kavalierhauses auf der Vorburg zugeschrieben. Die Daten der Grundsteinlegung dieser Gebäude sind 1964 (1) nicht bekannt.

Im Wald, am Ende des Schlossparks, wurde um 1800 der Tempel der Ruhe mit der Familiengruft unter seiner Leitung erbaut. Im Jahr 1802 fand die erste Beisetzung statt. Nach der Chronik von Pfarrer Wilhelm Bäumer (der Jüngere) wurde die Orangerie wie auch die neue Wassermühle, 1832 gebaut.

Nach dem Tode seiner Frau Luise übergab Carl Freiherr von Bodelschwingh und Plettenberg das Haus Bodelschwingh 1833 an seinen ältesten Sohn Gisbert. Er selbst bezog das Haus Drais.

Anmerkung zur Abbildung:

Carl Freiherr von Bodelschwingh – Plettenberg, 1765 – 1850, Großcomtour des Deutschen Ordens und preußischer Kammerherr.

Foto: Familie zu Knyphausen

Das Bild der Schloßanlage Haus Bodelschwingh, datiert mit „nach 1829“ zeigt das Billardhaus und die Orangerie an der Parkmauer. Hier ist die Gartenanlage in ihrer geometrischen Anordnung gut sichtbar.

Anmerkung zur Abbildung:

Ansicht der Schlossanlage. Kopie von der Internetseite www.schloss-bodelschwingh.de

In dem Plan von 1869 zum Umbau der Gartenanlage in einen offenen englischen Landschaftspark ist das Billard-Haus eingezeichnet.

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Anmerkung zur Abbildung:

Aus dem Buch von Dr. Michael Rohde zu Dokumentationszwecken entnommen: Von Muskau bis Konstantinopel. Eduard Petzold – ein europäischer Gartenkünstler 1815 – 1891. Dresden 1998, 324 Seiten, 200 Abbildungen.

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Wegen seines pagodenartigen Daches wurde das Billardhäuschen auch Teehäuschen genannt. Ob sich in diesem Namen auch die Vorliebe für die chinesische Kultur und den Tee als Genussmittel wiederspiegelt?

Der Standort des Billardhauses im Schloßgarten, getrennt vom Schloß durch die Hausgräfte und verbunden mit ihm durch die Sichtachse in den Park ist nicht zufällig: sie ist inszeniert. Aus der Sicht des Schlosses wird ein exotisch aussehendes Haus, inmitten von Blumen, auf einem kleinen Hügel sichtbar. Dieses Haus verspricht ein Ort der Begegnung, des Spieles, der Entspannung und der Unterhaltung zu sein. Damit ist es im Sinne der Musik ein Kontrapunkt zu dem offiziellen repräsentativen Aussehen des Schlosses.

Mit einem Spaziergang über die Freitreppe zum Park ist das Haus bequem zu erreichen. Auf dem Weg dahin wird der Besucher durch seltene Blumen und Bäume, durch Teiche und Skulpturen auf das Angenehmste unterhalten.

So könnte eine Zusammenkunft im Billardhaus gewesen sein:

Nach einem Spaziergang durch den Park treffen sich die Damen und Herren am Springbrunnen vor dem Haus. Für die Herren ist schon alles vorbereitet für eine Partie Billard, dem neuen Spiel nach französischer Art. Als Erfrischung wird ihnen Wein vom Gut Drais und selbst gebrautes Bier von Haus Bodelschwingh serviert. Die Damen dürfen in weiter Runde um die Herren Platz nehmen und bei einer Tasse Tee und süßem Klein-Gebäck die Nachrichten vom Tage austauschen. Ob ihnen auch zu fortgeschrittener Stunde ein Likör serviert wurde, ist nicht überliefert. Und die Kinder, was machten die? Sie wurden entweder durch eine Gouvernante „verwahrt“ oder hatten sich „unsichtbar“ gemacht; der Park war ja groß genug.

Mai 1951: Friedrich Schopohl jun. fotografiert im Schloßpark Bodelschwingh (mit einer Leica im Format 24 mm x 36 mm).

Die Eckhäuser der Orangerie standen noch als Ruine. Mit dem Mühlstein wurde ein schattiger Ruhesitz gestaltet. Die Negative sind erhalten und wurden digitalisiert.

Anmerkung zur Abbildung:

Aufnahme aus dem Jahr 1959: Sie zeigt das Teehäuschen nach der äußeren Renovierung. Ob auch die Inneneinrichtung wieder hergestellt wurde, ist aktuell nicht bekannt.

Foto: Reiner Schmidt

Der Schloßpark mit Gräfte und Teehaus. Im August 1977 wurde in das Teehaus eingebrochen und innen und außen vieles zerstört. 1985 brannte das Teehaus trotz des Einsatzes der freiwilligen Feuerwehr Bodelschwingh ab und musste abgerissen werden. Foto: Friedhelm Kopperschläger

Foto: Heidi Wegner
Foto: Heidi Wegner

1985: Das Teehaus im Schloßpark an der Mauer ist abgebrannt, gelöscht und dann abgetragen worden.

Zum Abschluß noch ein fröhlicher Blick zurück auf eine schöne Winterzeit:

Das Tor zur Gräfte ist geöffnet. Jung und Alt vergnügen sich auf dem Eis rund um Schloß Bodelschwingh in der 70er Jahren. Foto: Otto Schmidt

Fotos: Heimatverein Bodelschwingh und Westerfilde e.V. (wenn nicht anders genannt)