Spaziergang durch Bodelschwingh

Im Jahr 2014 gab der Arbeitskreis „Archäologie und Denkmalpflege“ im Historischen Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark einen Flyer über einen Spaziergang in Bodelschwingh heraus. Diesen haben wir für unsere Webseite aufbereitet, und wir danken dem Historischen Verein für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung.

Archäologisch-historischer Spaziergang durch Bodelschwingh
(1) Kirche St. Maria (Schlosskirche)

Zum Spaziergang

Der Dortmunder Vorort Bodelschwingh im Stadtbezirk Mengede ist bekannt durch das gleichnamige Schloss (Nr. 14) und die kleine Dorfkirche (Nr. 1). Den Ort selber charakterisieren die erhaltenen Fachwerkgebäude und Hofstellen. Viele besitzen heute noch die Segenssprüche über dem Hofeingang. Fast alle der historischen Gebäude tragen die Spuren nachträglicher Veränderungen, beispielsweise wurden Häuser erweitert und verlängert, Gefache geschlossen oder Hoftore zugesetzt. Doch alle denkmalgeschützten Bauwerke ermöglichen es, die Entwicklung von Lebensweise und Sozialstatus, Handwerkstechniken
und Baukunst der vergangenen Jahrhunderte abzulesen.

Schon aus früher Zeit stammt die Ersterwähnung des Namens Bodelschwingh: Um 1220 wird in einer Urkunde ein Hof in Bodelschwingh aufgeführt, 1311 ist von einem Dorf und einem Haus Bodelschwingh die Rede. Zwolf Höfe werden kurze Zeit später bezeugt und eine Kirche als Stiftung der Herren von Bodelschwingh genannt. Im näheren Umfeld der Kirche ließen sich Krämer und Handwerker nieder.

Diese ,,Freiheit Bodelschwingh“ bildete zusammen mit den Höfen die Ortschaft Bodelschwingh. Der mittelalterliche Begriff ,,Freiheit“ bezeichnet eine – meist kleinräumige – Fläche und ist für den ländlichen Raum kein definierter Begriff. Gemeint ist damit grundsätzlich der Status einer Gemeinschaft, die sich teilweise aus grund- und leibherrschaftlichen Beziehungen lösen konnte, private und öffentliche Rechte erwarb und dadurch eine soziale Besserstellung erreichte. So wurde den Bewohnern der Freiheit Bodelschwingh 1551 ausdrücklich bestätigt, dass sie von der ,,zyse“, der Verbrauchssteuer für Lebensmittel, Bier, Ausschank und für das Backen von Weißbrot von alters her befreit waren. Alle anderen Bewohner waren bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts gegenüber dem Haus Bodelschwingh abgabepflichtig und zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet.

Die Herren von Bodelschwingh erwarben ab dem 14. Jahrhundert die Freigrafschaft Mengede-Bodelschwingh mit den beiden Freistühlen zu Bodelschwingh und Oestrich. Die Gerichtsbarkeit beinhaltete auch die Einnahme der Steuern.

Schon seit 1646 findet in Bodelschwingh Schulunterricht statt. Uberreste des alten Schulgebäudes wurden 2014 bei Ausgrabungen auf dem Gelande des ehemaligen Kirchhofes gefunden (Nr. 1).

lm Jahr 1809 wurde Bodelschwingh zur Gemeinde erhoben und an die Stelle des bisherigen Bauernrichters trat der Gemeindevorsteher. Zwischen 1821 und 1824 erfolgte die Aufteilung der gemeinsam genutzten Teile der Bodelschwingher Mark. 1872 nahm die Zeche Westhausen den Betrieb auf: Das Industriezeitalter war in Bodelschwingh angekommen. Ein neuer Ortskern entstand östlich des alten Dorfes.

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Bis 1889 gehörte Bodelschwingh mit 12 weiteren Gemeinden zum Amt Castrop. Danach kam die Gemeinde zum Amt Mengede. Die Gemeinden Dingen und Ickern wurden 1926 aus dem Amt Mengede in die neue Stadt Castrop-Rauxel ubernommen. Nachdem 1928 der Landkreis Dortmund aufgelöst war, gelangten alle Ämter des Kreises an die Stadt Dortmund. Die 14064 Bürger des Amtes Mengede wurden damit Dortmunder.

Der archäologisch-historische Rundgang durch Bodelschwingh zeigt die denkmalgeschützten Gebäude des Ortskerns. Er kann an jeder Stelle begonnen werden, empfehlenswert ist ein Start an der Parkstraße 9.

1. Ev. Kirche St. Maria (gen. Schlosskirche), Parkstraße 9
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Die Kirche wurde im Jahr 1312 vom Ritter Giselbert gen. Speke gestiftet, 1322 geweiht und diente zeitweise als Begräbnisort der Familie von Bodelschwingh. Archäologische Untersuchungen im Innern der Kirche 2001 ergaben, dass der von der Familie von Bodelschwingh gestiftete Bau kein Neubau war. Man hatte Bauteile einer kleineren Kirche einbezogen. Der heutige, einschiffige, zweijochige Saalbau auf querrechteckigem Grundriss wird von zwei tief herabgezogenen Kreuzrippengewölben überspannt.

Der Chor mit 5/8 Schluss entstand in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Der Westturm mit dem achteckigen Helm und das Dach des Langhauses stammen vom Ende des 17. Jahrhunderts, als nach der Zerstörung im französisch-brandenburgischen Krieg die Kirche neu errichtet wurde. Im Südportal ist die Jahreszahl 1693 erkennbar, die Glocken „Maria“ und ,,Anna“ stammen aus dem Jahr 1506. Die prächtige, geschnitzte Barock-Kanzel wurde laut Stifterwappen nach 1728 geschaffen. Sie zieren Akanthuselemente, Engelsköpfe und Früchte sowie kugelförmige Voluten. Die Orgel mit einem sogenannten Freipfeifenprospekt wurde 1941 von der Firma Walcker gefertigt.

2. Wohnhaus, Parkstraße 12
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Das Fachwerkhaus mit der Wohnung des ehemaligen Kirchenküsters stammt mit seinen über alle Gefache reichenden Streben aus der ersten Hälfle des 19. Jahrhunderts. Das Hoftor des quererschlossenen Gebäudes wurde zugesetzt, ein Giebeldreieck ist verbrettert.

3. Wohnhaus, Deininghauser Straße 10
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Um die Mitte des 19. Jahrhunderts errichtetes, zweigeschossiges Fachwerkgebäude mit Querdeele. Zur Aussteifung dienen Iange Kopf- und Fußstreben, der heutige Eingang an der Giebelseite ist neueren Datums.

4. Wohnhaus, Deininghauser Straße 39
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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtetes Fachwerkgebäude des Bauern Rademacher. Der ursprünglich kleine Stall mit Querdeele wurde später vergrößert, das Hoftor mit Fachwerk zugesetzt.

5. Wohnhaus, Richterstraße 13
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Mit einer Urkunde von 1717 erteilte der Baron G.W. von Bodelschwingh dem Schulmeister Peter Krämer die Erlaubnis auf dem bereits 1693 erwähnten freiadiigen Land ein Haus zu bauen. Die Tochter Isabella seines Amtsnachfolgers und ihr Ehemann Joh. Henr. Otte verlängerten 1753 die Vorderseite des Hauses und brachten den Segensspruch über der Deele an. Um 1780 wurde das Gebäude rückseitig verlängert und erhieit seine heutige Größe.

Der zweigeschossige Vierständerbau besteht aus einem Wohn- und einem ehemaligen Wirtschaftsteil mit Längsdeele. Der Wohnbereich ist teilweise massiv untermauert, beide Giebeldreiecke sind verbrettert. Das Fachwerk wird durch lange Kopfstreben ausgesteift. Der kleine Fachwerkbau neben dem Gebäude stammt aus dem 19. Jahrhundert.

In der Richterstraße mit der Nr. 6 ist ein weiteres Fachwerkgebäude erhalten. Es steht nicht unter Denkmaischutz. Das Gebäude wurde als Pfarr- und Kötterhaus vom evangelisch reformierten Prediger Georg Mauritz Hermanni (in Bodelschwingh von 1684-1709) und seiner Frau Anna Margareta Holz gebaut.

6. Wohnhaus „Villa Staupendahl“, Deininghauser Straße 53
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Der repräsentative, zweigeschossige Baukörper trägt ein Attikageschoss und ein flaches Walmdach. Die Villa wurde im Stil des Neoklassizismus gestaltet, dazu passen die Lisenen an den Gebäudeecken, die breite, vorgezogene Mittelachse mit Dreieckgiebel, die Dreieckgiebel und Halbsäulen an den Erdgeschossfenstern und die vielfältigen Stuckarbeiten. Die Seiten- und Gartenfront sind schlichter gehalten.

7. Kriegerdenkmal, Deininghauser Straße bei Nr. 9
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Zur Finanzierung ihrer Denkmalsidee musste der Krieger- und Landwehrverein von 1869 außer Spenden auch Mittel der Gemeinde in Anspruch nehmen. Da war es ein glücklicher Umstand, dass einer der beiden Landwirte, auf deren Grundstücken der Denkmalsplatz entstand, sein Land zu diesem Zweck schenkte. Am 4. September 1904 wurde das Denkmal für die Bodelschwingher Opfer der Befreiungskriege 1813/15 und des deutsch-französischen Krieges 1870/71 geweiht.

Ein Dortmunder Steinwerk hatte es aus Granit in ,,modernem Stil“ ausgeführt. Auf einer mehrstufigen Basis steigt eine deutlich gegliederte, zentrale Stele empor, die seitiich von niedrigeren Anbauten gestützt wird. Bereits während der Ruhrbesetzung 1923/24 wurden u. a. die Bronzereliefs von Bismarck und Moltke gestohlen. Das damals verschonte Portrait Kaiser Wilhelms sowie inzwischen neu angebrachte lnschriftentafeln wurden im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Bei Restaurierungsarbeiten Ende der 1950er Jahre gravierte man Widmung, Jahreszahlen und Kreuze in den Stein und schuf so das heutige Erscheinungsbild. (Anmerkung: Das Bild zeigt das Mahnmal anläßlich einer alljährlich stattfindenden Kranzniederlegung am Volkstrauertag)

8. Wohnhaus, Deininghauser Straße 8
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Das zweigeschossige, quererschlossene Gebäude mit kleinem Stallteil stammt aus der zweiten Hälfle des 19. Jahrhunderts. Das Fachwerk wurde als Stockwerksbau ausgeführt, beide Giebelseiten sind ummauert, die Gefache mit Sichtmauerwerk geschlossen, das Hoftor zugesetzt.

9. Wohnhaus, Deininghauser Straße 1
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Um die Mitte des 19. Jahrhunderts errichteter, zweigeschossiger Fachwerkbau mit Längsdeele und quergestelltem Anbau. Er gehörte seit dem Jahr 1672 den Vorfahren der Familie Vollmer und ist seitdem in Familienbesitz.

10. Hof, Schloßstraße 33
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Der ehemalige Hohehof wird schon 1440 als Bestandteil des alten Dorfes Bodelschwingh genannt. Der Vierständerbau besitzt einen großen, massiven Sockel und verbretterte Giebel. Das Fachwerk des zweigeschossigen Wohnteils wird mit Kopf- und Fußstreben ausgesteift, der große, längserschlossene Stallteil mit hohem Satteldach besitzt nur Kopfstreben. Das Hoftor, das um zwei Gefache zurückgesetzt ist, trägt die Jahreszahl 1756.

11. Hof Staupendahl, Deininghauser Straße 6
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Der Vierständerbau aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts besteht aus einem zweigeschossigen Wohnteil und einem längserschlossenen, großen, ehemaligen Stallteil. Beide Giebel sind verbrettert, das Dach erneuert. Die teilweise über alle Gefache reichenden Streben sind kennzeichnend für die frühe Errichtungszeit. Der kleine, massiv ausgeführte Anbau an der Traufseite ist jünger.

Zur ehemaligen Hofstelle gehört ein zeitgleiches, kleines, zweigeschossiges Fachwerkgebäude mit angebautem Wirtschaftsteil. Teile der Gefache sind ausgemauert, auch hier wurde das Dach erneuert.

12. Wohnhaus, Schloßstraße 49
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Das Fachwerkhaus war über Generationen Sitz der Stellmacherei Raulf. Der zweigeschossige Bau wurde wahrscheinlich linksseitig erweitert, worauf der doppelte Ständer neben dem ehemaligen Hoftor – dem heutigen Eingang – hindeutet. Der einstige Torbalken trug als Errichtungsdatum das Jahr 1751, für ein hohes Alter des Gebäudes sprechen auch die langen Kopfstreben und die breiten Gefache.

1903 vereinigte man die Deele und den rechten Seitentrakt zu einem großen Raum für die Stellmacherei. An den rückwärtigen Giebel schließen eingeschossige Fachwerkbauten an, die ebenfalls zum Denkmalumfang gehören.

13. Wohnhaus, Schloßstraße 51
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Das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandene Fachwerkgebäude wurde seinerzeit von einem der Boten des Bodelschwingher Schlosses (Nr. 14) bewohnt. Das zweigeschossige, quererschlossene Bauwerk besitzt ein Krüppelwalmdach und verbretterte Giebeltrapeze. Die über zwei Gefache reichenden, geknickten Kopfstreben dienen zur Aussteifung.

Ob der heute über dem ehemaligen Hoftor befindliche Balken mit Inschrift ursprünglich zum Gebäude gehörte, lässt sich nicht mehr zweifelsfrei ermitteln.

14. Schloss Bodelschwingh, Schloßstraße 59-95
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Das Erscheinungsbild von Haus Bodelschwingh wird geprägt durch die Schweifgiebel mit Kugelaufsätzen, die horizontale Gliederung der Gesimsbänder, den Farbkontrast der roten Fensterläden auf hellem Putz und den barocken Hauben der flankierenden Pavillontürme. Gründer des Adelssitzes war um 1300 die Familie Specke (Speke); der Sohn Ernst des ersten Burgherren Giselbert nannte sich als Erster nach dem Haus ,,de Bodelswinge“.

Der Adelssitz besteht aus dem Kernbau im Hausteich und einer ebenfalls von einer Gräfte umgebenen Vorburg. Der Eingang wird von einem viergeschossigen Bergfried mit vorkragendem Fachwerkobergeschoss beherrscht. Das zweistöckige Herrenhaus besteht aus zwei zeitlich nacheinander errichteten, rechtwinklig aneinander stoßenden Flügeln. Es ist zusammen mit dem Eingangsturm und den beiden quadratischen Türmen an der Südost- und Nordwestecke durch eine steinerne Brücke mit der Vorburg verbunden.

Die aus Bruchsteinen erbaute Anlage stammt im Kern aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts, die Erweiterung um den rechtwinkelig nach Süden angefügten zweiten Gebäudeflügel mit dem Pavilionturm erfolgte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die Errichtungszeit für den ersten, nördlichen Turm lässt sich nicht festmachen, da dieser 1871 einstürzte und als Kopie des Südturms wieder aufgebaut wurde.

Die Reste der Gartenanlage mit klassizistischem Rundtempel sind barockzeitIich. 1869 erfolgte die Umgestaltung des ursprünglich französischen Gartens zu einem englischen Landschaftspark von 18 ha GröBe durch den bekannten Dendrologen Eduard Petzold. Der Schlosspark wird heute durch die BAB 45 in zwei Teile geteilt. Im oberen Teil liegt der Familienfriedhof ,,Tempel der Ruhe“. Das Herrenhaus ist heute Sitz der Familie zu lnn- und Knyphausen, die Vorburg wird als privater Wohn- und Gewerbepark genutzt.

Impressum

Herausgeber: Arbeitskreis „Archaologie und Denkmalpflege“ im Historischen Verein fur Dortmund und die Grafschaft Mark
Recherchen und Texte: Henriette Brink-Kloke, Heiner Deutmann, Willi Garth, Paul Gausepohl, Barbara Gerstein, Klaus Hindorf, Otto Schmidt, Klaus Winter, Klaus und Ursula Zeiske
Bilder (wenn nicht anders genannt): Gunther Wertz, Willi Garth
Streckenkarte: Ausschnitt aus der Amtlichen Stadtkarte Dortmund; Copyright: Stadt Dortmund, Vermessungs- und Katasteramt, 09.04.2014, Lizenz-Nr. 1402551
Das Titelbild zeigt die Ev. Kirche St. Maria (Nr. 1)
Die Drucklegung erfolgte mit freundlicher Unterstützung des Heimatvereins Mengede e.V., der Volksbank Dortmund-Nordwest eG und des Stadtbezlrksmarketing Mengede
Druck des Flyers: Gebr. Hoose GmbH, www.hoose.de, im Juni 2014

Umsetzung für das Internet: Gerd Obermeit